Veranstaltungsreihe

Interkulturelle Öffnung im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg

Pröpstin Petra Kallies und der Ethnologe Dr. Jens Schneider
Pröpstin Petra Kallies und der Ethnologe Dr. Jens Schneider © KK-LL/Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg

08. November 2019 von Ines Langhorst

Die Nordkirche arbeitet derzeit an einem Gesamtkonzept für die interkulturelle Öffnung. Die nächsten Ergebnisse werden am 21. November vorgestellt. Mit dem Migrationsforscher Dr. Jens Schneider hat Pröpstin Petra Kallies das Thema nun auch in den Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg geholt.

23 Prozent der Lübecker haben einen Migrationshintergrund – wenig im Vergleich zu Städten wie beispielweise Offenbach mit 61 Prozent. Schaut man sich die demographischen Faktoren an, wird deutlich, dass mehr junge Menschen bis 20 Jahre einen Migrationshintergrund haben als ältere. Was das Wort Migrationshintergrund bedeutet und wie sich die Gesellschaft in Deutschland entwickelt, hat der Ethnologe Dr. phil. Jens Schneider von der Universität Osnabrück in seinem Vortrag „Kirche in einer Gesellschaft von Minderheiten“ beschrieben.

Neue Mehrheit: Minderheiten

Die klare Mehrheit von Menschen in Deutschland ohne Migrationshintergrund wird immer kleiner. Das spüren neben den großen Kirchen auch die politischen Parteien, Vereine, kulturelle Einrichtungen vor allem in Besucher- und Mitgliedszahlen. Wer nach der neuen Mehrheit, etwa unter Menschen mit Migrationshintergrund, sucht, wird nicht fündig. Vielmehr gibt es auch dort mehrere Minderheiten. Die Gesellschaft differenziert sich aus. Was bedeutet das für die Evangelische Kirche?

Pröpstin Kallies: kulturelle Vielfalt der Gesellschaft ist eine Tatsache

Pröpstin Petra Kallies hat den Ethnologen Dr. phil Jens Schneider nach Lübeck eingeladen. Die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft ist eine Tatsache, so Kallies. Deswegen sei es für die Kirche wichtig, wie sie diese Veränderungen konstruktiv begleiten kann. Der erste Schritt sei wahrnehmen und lernen.

Komfortzone oder Öffnung?

Die Kirche habe zwei Möglichkeiten, so Migrationsforscher Schneider. Sie könne in ihrer Komfortzone bleiben und sich als Minderheitenkirche einrichten. Damit verliere sie aber ihren Status als mehrheitsgesellschaftliche Institution. Die interkulturelle Öffnung biete die Möglichkeit, über die Betonung der Gemeinsamkeiten Kirche für Viele zu bleiben. Eine dieser Gemeinsamkeiten unabhängig vom Migrationshintergrund sei beispielsweise die Demokratie, für die die Evangelische Kirche immer wieder einstehe.

Veränderung braucht Mut

Ein Spagat, wie sich im anschließenden Austausch herausstellte. Denn einige Besucher stellten selbstkritisch fest „Wir bleiben als Kirche gerne unter uns.“ Ein normales Verhalten, so Schneider. Veränderung brauche viel Mut und Gespräch.

Evangelische Kirche ist demokratisch

„Ich finde den Gedanken sehr interessant, dass die evangelische Kirche aufgrund ihrer demokratischen Strukturen und Verfasstheit möglicherweise besonders attraktiv sein kann für Menschen der dritten und vierten Migranten-Generation, die sich in der Religion, in der sie aufgewachsen sind, vielleicht aufgrund ihrer Strenge nicht mehr wohl fühlen“, sagte Pröpstin Kallies im Nachgang zum Abend im Dom. Aber natürlich gehe es nicht in erster Linie um die Form, sondern um die Inhalte des Glaubens.

Nordkirche arbeitet an Gesamtkonzept Interkulturelle Öffnung

Dr. Jens Schneider hat den Eindruck, dass die Nordkirche und alle, die  sich mit dem Thema „Interkulturelle Öffnung“ beschäftigen, die Herausforderungen anpacken und daraus Chancen und Handlungsmöglichkeiten zur Gestaltung erwachsen lassen können. Die Nordkirche arbeitet derzeit an einem Gesamtkonzept Interkulturelle Öffnung. Nach einer großen Zukunftskonferenz im Hamburger Michel im August 2018 werden im November 2019 erste Ergebnisse vorgestellt. Dazu gehört auch eine Internetseite zum Thema Interkulturalität. Im Interview erzählt Dr. Jens Schneider, wie interkulturelle Öffnung funktioniert.

Thema nach Zukunftskonferenz in den Kirchenkreis geholt

„Wir haben die Zukunftskonferenz im Michel besucht. Der Impuls zu Thema war so interessant, dass wir Dr. Schneider zu diesem Thema auch in Lübeck hören wollten“, sagt Pröpstin Petra Kallies. Der Vortrag „Kirche in einer Gesellschaft von Minderheiten“ in der Hansestadt war in die interkulturellen Wochen eingebettet. Am Vortag hatten die Kirchengemeinde St. Lorenz-Lübeck, das Evangelische Frauenwerk und die Flüchtlingsbeauftragte ein interkulturelles Straßenfest im Steinrader Weg gefeiert. Die Kirchengemeinde St. Lorenz in Lübeck ist eine internationale Gemeinde, in der beispielsweise die Gottesdienste mehrsprachig gefeiert werden.